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88 Jahre Lübeck: Ein Leben im Herzen der Geschichte

Wo fange ich an? Ich muss etwas ausholen. Die letzten Wochen waren gut zu tun und das ist auch gut so. Das Jahr ist, sagen wir mal, komisch gestartet. Ich hatte gegen frühen Mittag alles abgearbeitet, was noch anlag. Einige von euch kennen vielleicht das Portal „Wir sind Lübeck“, das ich vor einigen Jahren ins Leben gerufen habe und das jetzt einige Monate brach lag. Ich hatte einfach keine Zeit, aber auch die Freude daran verloren, es zu bespielen. In den letzten Wochen habe ich wieder mehr Lust bekommen, in Lübeck Bilder zu machen, und war bereits einige Male wieder unterwegs. So auch heute.

Bilder für das Portal „Wir sind Lübeck“

Ich parkte mein Auto bei den Media Docks und ging von dort aus hoch in die Engelsgrube. Fotografierte aus der Froschperspektive die Jakobikirche und bog dann in die Große Kiesau ein. Ich wollte die schönen berankten Seiten der Häuser auf Bild bannen. Etwas weiter entfernt saß ein alter Mann im E-Scooter. Neben ihm stand ein Mann, etwa in meinem Alter. Sie schienen sich zu kennen, vielleicht sogar Familie zu sein. Ich grüßte die beiden und wir kamen ins Gespräch. Der alte Mann heißt Gert Asmussen. Er erzählte mir, dass er bereits seit 88 Jahren dort wohnt. Also dort geboren und lebt seit jeher dort. Er ist 1936 geboren.

Gert Asmussen ein Lübecker Urgestein
Gert Asmussen ein Lübecker Urgestein

Ein Leben in Lübecks Altstadt seit 1936

Gert hat vieles in seinem Leben erlebt. Schaue ich auf meine Lebensjahre zurück komme ich auf knappe 50 Jahre. Er hat noch mal weitere 40 Jahre, auf die er zurückblicken kann. Und ich merke wieder mal, wie schnell die Zeit uns durch die Finger rinnt. Aber das soll hier nicht das Thema sein. Zunächst die wichtigsten Ereignisse und Krisen, die Gert Ausmussen miterlebt hat.

Die 1940er Jahre: Krieg und Zerstörung

Die 40er Jahre waren geprägt durch den Zweiten Weltkrieg. 1942 wurde Lübeck schwer durch Luftangriffe getroffen, die besonders die Altstadt trafen. Gert war noch ein Kind, aber die Bombennächte und die Zerstörung der geliebten Heimatstadt hinterließen Erinnerungen an diese Nächte und Zeit. Als dann die britischen Truppen 1945 einmarschierten, war er Zeuge des Kriegsendes und der darauffolgenden Besatzungszeit. Der Wiederaufbau war gewiss mühsam, in jeglichen Bereichen gab es einen Mangel an Lebensmitteln und Materialien für den Wiederaufbau, aber die Menschen hielten zusammen und bauten die Hansestadt Stück für Stück wieder auf.

Die 1950er Jahre: Wirtschaftswunder und Kalter Krieg

Die Nachkriegszeit brachte das Wirtschaftswunder mit sich. Wen wundert es, denn an allen Ecken gab es was zu tun. Deutschland erlebte einen raschen wirtschaftlichen Aufschwung, und auch Lübeck profitierte davon. Neue Arbeitsplätze, Aufbruchsstimmung und ein besserer Lebensstandard prägten diese Zeit. Doch die Freude wurde durch den Beginn des Kalten Krieges getrübt. Lübeck, als Grenzstadt zur DDR im Osten, spürte die Spannungen besonders stark. Die politische Lage war angespannt, aber die Menschen sind anpassungsfähig, ließen sich nicht unterkriegen und lebten ihr Leben weiter.

Kurzes Interview mit Gert Asmussen

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Die 1960er Jahre: Mauerbau und gesellschaftlicher Wandel

1961 wurde die Mauer gebaut und Deutschland in Ost und West getrennt. Lübeck wurde zu einer Grenzstadt und das Leben änderte sich damit schlagartig. Besuche zu Verwandten in die DDR wurden nahezu unmöglich. Gleichzeitig begannen die 60er Jahre mit starken sozialen Bewegungen. Studentenproteste und gesellschaftliche Veränderungen prägten das Jahrzehnt. Gert Asmussen erlebte diese Umbrüche mit und sah, wie sich die Gesellschaft langsam wandelte.

Die 1970er Jahre: Krisen und Terror

Die Ölkrise von 1973 brachte wirtschaftliche Probleme mit sich. Durch den arabisch-israelischen Krieg, der zu einem Ölembargo der OPEC führte, ließ die Ölpreise stark ansteigen. Die steigenden Ölpreise bremsten die Wirtschaft. Ein wirtschaftlicher Abschwung begann und damit verbunden auch mit vielen Unsicherheiten. Hinzu kam das die Aktivitäten der RAF (Rote-Armee-Fraktion) für eine angespannte Atmosphäre in Deutschland sorgten. Aber das Leben ging weiter, die Menschen arrangierten sich mit den Krisen und fanden Wege, ihren Alltag fortzuführen.

Die 1980er Jahre: Kalter Krieg und Mauerfall

Die politische und ideologische Konfrontation zwischen den USA und der Sowjetunion nach dem kalten Krieg halte in den 80ern noch nach. In Deutschland kam es zu Protesten. Die Bevölkerung protestierte gegen Atomkraft und Atomwaffen. Die Menschen gingen auf die Straßen, um für eine bessere Zukunft zu kämpfen. 1989 fiel die Mauer und es war ein historisches Ereignis, das alle feierten. Die Wiedervereinigung Deutschlands brachte auch viele Veränderungen mit sich, aber auch neue Chancen und Hoffnungen.

Große Kiesau in der Lübecker Altstadt
Große Kiesau in der Lübecker Altstadt

Die 1990er Jahre: Wiedervereinigung und europäische Integration

Mit der Wiedervereinigung in den 90er Jahren war die Integration des Ostens in den Westen ein großes Thema. Aber mit Herausforderungen kennt sich das Land aus und meisterte auch diese Aufgabe mit Bravour. Dennoch mussten sich die Menschen wieder an wirtschaftliche und gesellschaftliche Herausforderungen anpassen. Im gleichen Atemzug verstärkten die europäischen Länder ihre Zusammenarbeit, insbesondere im Hinblick auf die wirtschaftliche und politische Integration durch die Einführung des Euro.

Die 2000er Jahre: Terror und Finanzkrise

Das neue Jahrtausend begann mit unvorstellbaren Terroranschlägen in den USA. Am 11. September 2001 flogen zwei entführte Flugzeuge in das World Trade Center in New York City. Ein drittes flog in das Pentagon bei Washington, D.C. und ein viertes stürzte in Pennsylvania ab. 2007-2008 gab es eine Finanzkrise, die erneut eine wirtschaftliche Instabilität brachte. Viele Menschen verloren ihre Arbeit, und die Wirtschaft erholt sich seitdem nur sehr langsam. Trotz all dieser Umstände blieb Lübeck stark und resilient.

Die 2010er Jahre: Flüchtlingskrise und Brexit

Die Flüchtlingskrise 2015 brachte viele Herausforderungen für die Hansestadt mit sich. Lübeck nahm viele Flüchtlinge auf. Die Hansestadt Lübeck arbeitet intensiv daran, ihnen zu helfen und sie in die Gemeinschaft zu integrieren. Ein Jahr später 2016 sorgte der Brexit, der Austritt des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Union für Aufsehen und brachte wieder mal politische und wirtschaftliche Unsicherheiten in Europa mit sich.

Die 2020er Jahre: Pandemie und geopolitische Spannungen

Die Corona-Pandemie 2020 brachte etwas mit sich, das bis dato neu war. Lockdowns, leere Straßen und wirtschaftliche Herausforderungen weltweit. Jeder auf der Welt musste sich an diese neue Realität anpassen. Den Alltag den man bis dahin kannte, wurde durch COVID stark eingeschränkt. Im Frühjahr begann Russland mit seiner Invasion auf die Ukraine. Der Krieg hat auch Auswirkungen auf das Leben in Lübeck, die Kosten für Lebensmittel des täglichen Bedarfs und Energie sind stark gestiegen.

Schöner Hinterhof in der Lübecker Altstadt
Schöner Hinterhof in der Lübecker Altstadt

Weitere lokale Ereignisse in Lübeck

Lübeck hat immer wieder mit Hochwasser zu kämpfen. Gerade der Bereich der Obertrave ist davon stark betroffen. Zwar sind Anwohner darauf bereits gut vorbereitet, dennoch ist das Hochwasser jedes Jahr ein Problem. Als UNESCO-Weltkulturerbe hat die Hansestadt Lübeck zahlreiche kulturelle Veränderungen und Entwicklungen erlebt, insbesondere in Bezug auf den Denkmalschutz und die damit verbundenen finanziellen Herausforderungen. Aber der Tourismus boomt wie jedes Jahr in der Lübecker Altstadt und belebt die kleinste Gasse auf der Altstadtinsel. zurück zu Gert.

Portrait mit Charakter

Gert Asmussen hat eine beeindruckende und wechselvolle Geschichte miterlebt, die ihn und die Stadt Lübeck geprägt haben. Gerne wäre ich noch länger geblieben, aber ich wollte heute einiges in Lübeck fotografieren, aber ich werde auf jeden Fall wiederkommen, das habe ich mir auf die Fahne geschrieben. Ich möchte Gert interviewen und mit seinen Worten hören, wie er die letzten 80 Jahre erlebt hat. Ich freue mich sehr darauf!

Einmal quer durch die Altstadt

Die Sonne brannte förmlich von oben herab. Wer mich kennt, weiß: Eigentlich nicht mein Wetter. Aber es hatte auch was Gutes, denn viele waren sicherlich am Strand und so konnte in einigen Gängen und Gassen in Ruhe fotografieren. Außer als ich mich der Hüxstraße und Fleischauer Straße näherte wurde es voll. Hier waren also ein Großteil der Menschen. Sie flanierten in Straßen, saßen in den Cafés, aßen Eis und genossen die Sonne. Ich zog weiter und war auf der Suche nach weiteren Motiven. Ich habe einiges mit nachhause gebracht, Aber Gert Asmussen war am heutigem Tag das schönste Motiv von Allen. Danke für deine Zeit Gert. Hoffentlich bis bald!

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